Klima heizt Grundwasser ein
Eine Studie zeigt die Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Trinkwasserreserven auf.
Die steigenden Temperaturen führen nicht nur zu immer wärmeren Ozeanen, sondern heizen auch Böden und Grundwasser auf. Dadurch könnten bis zum Jahr 2100 mehrere Hundert Millionen Menschen in Gebieten leben, in denen das Grundwasser zu warm ist und daher keine Trinkwasserqualität mehr hat, zeigen deutsche und österreichische Forscher in einer im Fachjournal "Nature Geoscience" veröffentlichten Studie.
Wasser ist lebensnotwendig
Grundwasser ist für das Leben auf der Erde von entscheidender Bedeutung. In der Studie wurden die Veränderungen der Grundwassertemperatur bis zum Jahr 2100 weltweit für zwei Szenarien prognostiziert. Mit solchen Szenarien ("Shared Socioeconomic Pathways", SSP) werden verschiedene sozioökonomische Entwicklungen und Verläufe des atmosphärischen Treibhausgasgehalts in der Zukunft beschrieben. "SSP 245" repräsentiert dabei die Mitte der möglichen zukünftigen Treibhausgasentwicklungen, "SSP 585" den oberen Rand dieser Entwicklung, also mit hohen Emissionen und Temperaturen.
Gravierende Auswirkungen auf Versorgung
Legt man die Annahmen nach SSP 245 zugrunde, werden die Grundwassertemperaturen bis 2100 um 2,1 Grad Celsius steigen, nach SSP 585 sogar um 3,5 Grad Celsius. Das hat gravierende Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung, da zu warmes Grundwasser kann nicht bedenkenlos getrunken werden kann. Davon sind den Forschern zufolge heute schon rund 30 Millionen Menschen betroffen.
588 Millionen Menschen könnten betroffen sein
Die neue Studie zeigt, dass diese Zahl drastisch ansteigen kann. Nach SSP 245 werden 76 bis 188 Millionen Menschen in Gebieten leben, in denen das Grundwasser den höchsten vom jeweiligen Land festgelegten Grenzwert für die Trinkwassertemperatur überschreitet. Nach SSP 585 werden es sogar 59 bis 588 Millionen Menschen sein. Die große Schwankungsbreite hängt mit räumlichen Unterschieden der Klimaerwärmung und Tiefe des Grundwasserspiegels zusammen. Am geringsten wird die Erwärmung in Gebirgsregionen wie den Anden, den Rocky Mountains und auch dem alpinen Raum in Österreich sein.
Temperaturen im Grundwasser steigen
Für detailliertere Aussagen über die regionale Entwicklung in Österreich reicht die räumliche Auflösung der aktuellen Studie nicht aus. Ein aktueller Bericht des Umweltbundesamts zeigt bei der Entwicklung der Grundwassertemperaturen in weiten Teilen Österreichs einen steigenden Trend auf niedrigem Niveau. Auf Basis von zehnjährigen Zeitreihen würden rund 73 Prozent der Messstellen einen signifikant steigenden oder leicht steigenden Trend der Grundwassertemperaturen aufweisen.
Mikroorganismen verbrauchen mehr Sauerstoff
Die Folgen davon sind weitreichend. Im wärmeren Grundwasser sind Mikroorganismen aktiver und verbrauchen mehr Sauerstoff. Dadurch gerät das ganze System aus dem Gleichgewicht. Die Mikroben stellen bei Sauerstoffmangel auf anaerobe Atmung um und es entstehen gelöstes Eisen und Mangan, Schwefelwasserstoff oder Methan. Das beeinträchtigt die Grundwasserqualität drastisch. Das Wasser kann nicht mehr ohne weiteres als Trinkwasser genutzt werden oder nur nach sehr teurer Aufbereitung. Auch Schwermetalle und Nährstoffe wie Arsen und Phosphor können unter sauerstofffreien Bedingungen aus dem Sediment mobilisiert werden.
Versiegelung beschleunigt die Erwärmung
Als wichtige Stellschraube zum Schutz des Grundwassers nennen die Wissenschafter die Landnutzung. So liege in städtischen Bereichen und unter großflächig versiegelten Oberflächen die Grundwassertemperatur im Schnitt um mindestens zwei Grad Celsius höher als in Bereichen mit unversiegelten Böden. Keine weitere Bodenversiegelung und eine Entsiegelung sind somit wichtige Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers.