Naturschauspiel am Zeiserlberg

Der Tatarische Meerkohl steht zur Zeit in Massenblüte im Naturschutzgebiet Zeiserlberg bei Ottenthal im nördlichen Weinviertel.

Zeiserlberg

Das Naturschutzgebiet Zeiserlberg wurde 1978 ausgewiesen und besticht durch seine botanische Artenvielfalt.

Der Tatarische Meerkohl (Crambe tatarica) wurde erstmals 1902 bei Ottenthal entdeckt. Hier befindet sich das bislang einzige Vorkommen dieses Kreuzblütlers in Österreich. Er ist zugleich der Hauptdarsteller auf dem 1978 zum Naturschutzgebiet erklärten Zeiserlberg. Den Stolz über dieses Gebiet bringt die Gemeinde Ottenthal auch dadurch zum Ausdruck, dass die Blüte des Tatarischen Meerkohls das Gemeindewappen ziert.

Steppenroller mit Schönheitswert

Diese botanische Rarität ist zur Blütezeit im Mai nicht zu übersehen. Schon von weitem scheinen auf dem Zeiserlberg vielerorts Schafe zu grasen, die sich jedoch bei näherer Betrachtung als die Blütenstände des Meerkohls entpuppen. Als Steppenroller, der nach dem Verblühen abstirbt und vom Wind durch die Landschaft geblasen wird, weist er eine kugelige Form auf. Diese Eigenschaft dient der Verbreitung der Samen.

Starke Schwankungen mit Massenblüten

Der Tatarische Meerkohl ist eine mehrjährige Pflanze, die meist nach sieben Jahren das erste Mal blüht und anschließend abstirbt. Das Vorkommen auf dem Zeiserlberg unterliegt starken, jährlichen Schwankungen hinsichtlich der Anzahl an blühenden Exemplaren. So ergab die Zählung im Jahr 2019 lediglich vier blühende Pflanzen. Umso erfreuter waren sowohl die Gemeindebürger von Ottenthal als auch die Betreuer des Schutzgebietes, als es 2020 zur lange ersehnten Massenblüte kam. Bei einer Kontrolle Anfang Mai konnten gleich 166 dieser prächtigen Pflanzen in voller Blüte gezählt werden.

Tatarischer Meerkohl

Der Tatarische Meerkohl blüht erst nach sieben Jahren. Seine weißen Blüten erinnern an grasende Schafe.

Die Pflege wirkt

Gemeinsam mit der Gemeinde Ottenthal und der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft Wien finden im Rahmen der Schutzgebietsbetreuung jährliche Pflegemaßnahmen statt. Diese umfassen vor allem das Entbuschen des Lösshanges, aber auch das Aushacken von Brombeeren, Rotem Hartriegel & Co. Als vierbeinige Unterstützung weiden jeden Sommer bis zu 15 Schafe im unteren Hangbereich des Naturschutzgebietes und sorgen so für ideale Keimbedingungen für eine Vielzahl der hier beheimateten Pflanzenarten.

Raritäten ohne Ende

Trotz der eher geringen Ausdehnung auf rund 3 Hektar weist der Zeiserlberg eine sehr hohe Artenvielfalt an den unterschiedlichen Offenstandorten auf. Dementsprechend vielfältig ist auch die Pflanzenwelt. Neben dem Tatarischen Meerkohl findet sich hier das wohl größte österreichische Vorkommen des Knollen-Brantkrautes (Phlomis tuberosa) sowie weitere botanische Juwelen wie das Helm-Knabenkraut (Orchis militaris) oder der Steppen-Spitzkiel (Oxytropis pilosa).

Text: Manuel Denner